Latentwärme-Fensterbank 2.0: Das Möbel, das Sonne speichert und abends heizt
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Latentwärme-Fensterbank 2.0: Das Möbel, das Sonne speichert und abends heizt

Latentwärme-Fensterbank 2.0: Das Möbel, das Sonne speichert und abends heizt

Warum verbrauchte Heizspitzen bezahlen, wenn Ihre Fensterbank kostenlose Sonnenwärme puffern kann? Eine Fensterbank mit integrierten Latentwärmespeichern (PCM) nimmt tagsüber Energie auf und gibt sie am Abend bedarfsgerecht wieder ab – unsichtbar, leise und ohne Technikfrust. In Bestandswohnungen lassen sich so Übergangszeiten verlängern und der Komfort um 1–2 K verbessern, während die Heizung später zuschaltet.

Was ist eine Latentwärme-Fensterbank?

Darunter versteht man ein Möbelmodul direkt am Fenster, das ein Phasenwechselmaterial (Phase Change Material, PCM) integriert. Dieses schmilzt bei einer definierten Temperatur (z. B. 23–26 °C), speichert dabei große Energiemengen als latente Wärme und verfestigt sich später wieder – wobei die gespeicherte Energie gleichmäßig an den Raum abgegeben wird. Der Trick: Absorber-Oberfläche + PCM-Kassette + geführte Konvektion.

Aufbau im Detail

  • Decklage (Absorber): schwarz eloxiertes Aluminium (1–1,5 mm) oder dunkel gebeiztes Eschenholz mit eingelassener Alu-Absorberplatte. Aufgabe: Sonnenstrahlung in Wärme umwandeln.
  • Glasabdeckung (optional): low-iron ESG 4 mm mit 5–7 mm Abstand als Mini-Solar-Kollektor. Reduziert Staub, erhöht Oberflächentemperatur.
  • PCM-Kassetten: flache, dichte Wabenmodule (20–30 mm) aus HD-PE oder Alu mit ausgewähltem PCM (Paraffin, Salz­hydrat oder biobasiert). Austauschbar konzipiert.
  • Wärmeleitmatte: Graphit- oder Kupfergewebe (0,5 mm) zwischen Absorber und PCM für schnellere Beladung.
  • Randdämmung: Aerogel- oder Korkstreifen (10–20 mm) zur Minimierung von Wärmeverlusten Richtung Außenwand.
  • Konvektionskanäle: verdeckte Luftein- und -auslassschlitze (je 8–12 mm). Optional mit Thermo-Bimetall-Klappen, die sich ab ~26 °C öffnen.
  • Sensorik (Smart): 1–2 Temperatursensoren, optional Fensterkontakt und Helligkeitssensor; alles batterielos per EnOcean oder via Thread/Matter.

PCM-Auswahl: Temperaturfenster und Eigenschaften

PCM-Typ Schmelzpunkt Latente Wärme Vorteile Hinweise
Paraffin C23 22–24 °C 160–200 kJ/kg Stabil, nicht korrosiv, gute Zyklenfestigkeit Entflammbar → nur gekapselt, B1-Oberflächen wählen
Salzhydrat 26 25–27 °C 180–230 kJ/kg Höhere Energiedichte, nicht brennbar Phasentrennung vermeiden → Additive/Dope nötig
Biobasiert (Fettsäuremix) 20–22 °C 140–180 kJ/kg Nachhaltig, geruchsarm Etwas geringere Leitfähigkeit, Graphitzusatz sinnvoll

Leistungsabschätzung: Was ist realistisch?

Beispiel: Fensterbank 120 × 28 cm, PCM-Dicke 20 mm.

  • Volumen PCM: 0,120 m × 0,28 m × 0,02 m = 0,00672 m³
  • Masse (ρ ≈ 900 kg/m³): ≈ 6,0 kg
  • Energiespeicher (180 kJ/kg): ≈ 1080 kJ ≈ 300 Wh latente Wärme

Mit indirekter Sonneneinstrahlung am Fenster (200–400 W/m² diffus, standort- und jahreszeitabhängig) ist eine tägliche Beladung von 150–300 Wh plausibel. Das reicht, um in der Übergangszeit den Raum am Abend um ~1 K länger behaglich zu halten – besonders spürbar in Tiny Houses, Leseecken oder gut gedämmten Wohnzimmern.

Sommermodus: Passiv kühlen

Wird nachts gelüftet, kristallisiert das PCM wieder aus. Tagsüber nimmt es dann interne Gewinne (Sonnenfleck, Körperwärme, Geräte) auf und verzögert Temperaturspitzen. Mit Nachtluft- oder Abluftschacht hinter der Fensterbank verstärkt sich der Effekt, ohne aktive Kälteerzeugung.

Smart-Home-Integration: Klein, aber wirksam

  • Schattenlogik: Wenn PCM-Oberfläche > 30 °C und Raum > 24 °C → Raffstore schließen (Überhitzungsschutz).
  • Heizlogik: Wenn PCM > 27 °C und Heizung geplant → Heizbeginn um 45–90 min verschieben.
  • Nachtluft: Wenn Außentemp < Raumtemp um ≥ 3 K, Fensterkontakt offen → Konvektionsklappen auf.

Umsetzung z. B. mit Home Assistant, Matter-Thermostaten und EnOcean-Fensterkontakten. Vorteil: Alles bleibt netzunabhängig am Modul – nur Steuerung funkt.

DIY: Bauanleitung für 1,2 m Fensterbank

Materialliste

  • 1× Alu-Absorberplatte 1200 × 280 × 1,5 mm, schwarz eloxiert
  • 3–4× PCM-Kassetten 300 × 200 × 20–30 mm (Paraffin C23 oder Salzhydrat 26)
  • 1× Graphit-Wärmeleitfolie 0,5 mm, zurechtgeschnitten
  • Aerogel- oder Korkdämmstreifen, 10–20 mm
  • Holzträger (z. B. Birke Multiplex 18 mm) mit verdeckten Lüftungsschlitzen
  • Low-iron ESG-Glas 4 mm mit Distanzleisten (optional)
  • 2× Thermo-Bimetall-Klappen oder kleine 5V-Mikrolüfter (leise, < 0,5 W)
  • Temperatursensor (z. B. Zigbee/Matter) + Fensterkontakt
  • Schwarzer, hitzestabiler Lack (wenn Holzabsorption gewünscht)
  • Dichtband, Silikon neutral vernetzend, Edelstahlschrauben

Schritt-für-Schritt

  1. Träger vorbereiten: Holzbrett passend sägen, Unterseite mit Kabelkanal und zwei Schlitzreihen (Einlass an Fenstersims, Auslass raumseitig) fräsen.
  2. Dämmung setzen: Randdämmung verkleben, Durchgang zu Außenwand thermisch entkoppeln.
  3. Absorber montieren: Graphitfolie auflegen, Alu-Absorber schrauben oder kleben (vollflächig, ohne Hohlräume).
  4. PCM einlegen: Kassetten plan auflegen, seitlich mit Dichtband fixieren; bei Glasabdeckung Distanzleisten montieren.
  5. Konvektion: Klappen einsetzen (oder Lüfter an 5V-USB mit Zeitschaltprofil), Luftweg prüfen.
  6. Sensorik: Fühler unter Absorber und an der Raumkante positionieren, Funk anlernen.
  7. Finish: Optional ESG-Glas auflegen; Oberflächen reinigen, Schlitze gegen Krümel mit feinem Gitter sichern.

Bauzeit: 3–5 h • Materialkosten: ca. 220–380 € (je nach PCM und Glas).

Platzierung und Anwendungen

  • Wohnzimmer-Leseecke: Abends angenehme Strahlungswärme im Sitzbereich.
  • Küche/Essen: Puffert Herd- und Sonneneinträge, verbessert Raumklima in Südausrichtung.
  • Tiny House/Studio: Höchster Nutzen pro Fläche; Speicher stabilisiert Temperaturschwankungen.
  • Wintergarten: Mini-Kollektor-Effekt durch Glasabdeckung besonders effektiv.

Pro / Contra auf einen Blick

Aspekt Pro Contra
Energie Speichert 150–300 Wh/Tag lokal Kein Ersatz für Heizung, eher Spitzenpuffer
Komfort Sanfte Abendwärme, weniger Temperaturspitzen Effekt wetter- und lageabhängig
Design Unsichtbar integrierbar, Materialien frei wählbar Schlitze und Glas erfordern Pflege
Sicherheit Geschlossene Kassetten, niedrige Oberflächentemp. Paraffin brennbar → nur zertifizierte Module
Budget DIY-freundlich, modular erweiterbar PCM initial teurer als Dämmung

Pflege, Sicherheit und Lebensdauer

  • Dichtigkeit: Nur industriell versiegelte PCM-Kassetten verwenden; keine Eigenbefüllung.
  • Brandschutz: B1-Oberflächen; Abstand zu Heißgeräten > 20 cm; keine Punktstrahler auf die Glasabdeckung richten.
  • Reinigung: Staub aus Lüftungsschlitzen absaugen; Glas mit Mikrofasertuch.
  • Zyklenfestigkeit: 3000–8000 Zyklen üblich → viele Jahre Alltagstauglichkeit.

Nachhaltigkeit

Lokale, passive Energiespeicherung reduziert Lastspitzen und erlaubt niedrigere Heizsollwerte am Abend. Biobasierte PCMs und wiederverwendbare Kassetten minimieren den Fußabdruck; Holzträger aus FSC-Material und lösbare Verbindungen erleichtern Reparaturen.

Zukunft: Sichtbar klug

  • Thermochromer Lack am Absorber zeigt Ladezustand farblich an.
  • Steck-Kassetten mit Schnellverschluss für saisonalen Wechsel (Frühling/Herbst vs. Sommer).
  • Direkte PV-Nutzung kleiner 5V-Lüfter für Nachtkühlung ohne Netz.

Fazit: Kleines Bauteil, großer Alltagsnutzen

Die Latentwärme-Fensterbank ist ein seltener, aber praxisnaher Ansatz, um Möbel und Mikroenergie­management zu verbinden. Sie entlastet die Heizung, erhöht Behaglichkeit und bleibt zugleich ein elegantes Gestaltungselement. Starten Sie mit einem 60-cm-Prototypen am sonnigsten Fenster – messen, erleben, skalieren.

CTA: Planen Sie Ihr erstes Modul: Fensterbreite messen, PCM-Temperaturfenster wählen (z. B. 26 °C), Absorbermaterial festlegen – und an einem Wochenende bauen.